Die Sustainability Standards Conference 2025 bekräftigt das Ziel einer globalen Berichtsgrundlage
Das International Sustainability Standards Board (ISSB), macht Fortschritte bei seinem Ziel, eine globale Grundlage für die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu schaffen. Über dreißig Länder haben die Standards bereits übernommen oder bereiten die Umsetzung vor. Auf der Sustainability Standards Conference am 21. und 22. Juli betonten Vertreter:innen aus Industrie und Regulierung jedoch, dass europäische Unternehmen nach wie vor mit Unsicherheiten und unverhältnismäßigem Aufwand konfrontiert sind, wenn sich ISSB-Anforderungen mit europäischen Vorschriften überschneiden.
Die Konferenz wurde gemeinsam von SAFE, dem ISSB, dem Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) und der Goethe-Universität Frankfurt veranstaltet. Auf dem Campus Westend in Frankfurt diskutierten Gäste aus Politik, Aufsicht, Wirtschaft und Forschung aktuelle Entwicklungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Das House of Finance, Deloitte und die Deutsche Börse Group unterstützten die Veranstaltung.
Globale Vision trifft auf lokale Umsetzung
Das Omnibus-Paket der Europäischen Union und das Risiko doppelter Berichterstattung für Unternehmen standen im Mittelpunkt der Diskussion. Die Referentinnen und Referenten forderten verhältnismäßige und skalierbare Offenlegungsanforderungen, die den Möglichkeiten kleinerer Unternehmen Rechnung tragen, ohne die Informationsbedürfnisse von Investor:innen zu beeinträchtigen.
Die Konferenz eröffneten Panels zu den Fragen, wie ein globaler Offenlegungsstandard mit nationalen Vorgaben, Innovationsdruck und politischen Zielen zusammenwirken kann und welche Marktsignale und Strategien nötig sind, damit nachhaltiges Wirtschaften zur ökonomischen Stärke beiträgt. Universitätspräsident Enrico Schleiff, Dekan Christian Schlag (beide Goethe-Universität Frankfurt), House of Finance-Präsident Axel Weber, der hessische Finanzstaatssekretär Till Kaesbach und ISSB-Vorsitzender Emmanuel Faber steuerten Impulse bei.
Mit Blick auf die politische Debatte über Nutzen und Grenzen der Nachhaltigkeitsberichterstattung betonte Emmanuel Faber zum Auftakt, dass der ISSB unabhängig von tagespolitischen Zielen arbeite. Die Berichtsstandards dienten der systematischen Erfassung finanziell relevanter Risiken und Chancen – im Interesse der Investoren.
Nachhaltigkeit ist kein Wachstumshemmnis
Angesichts geopolitischer Spannungen und der Debatte um Europas wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit wies Verena Ross, die Vorsitzende der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA, auf die Bedeutung von Nachhaltigkeitsstandards hin: „Nachhaltigkeitsstandards dienen nicht dazu, das Wachstum zu begrenzen.” Vielmehr sollen sie die wirtschaftliche Transformation so gestalten, dass sie der Gesellschaft nutzt.
Sue Lloyd, die stellvertretende Vorsitzende des ISSB, ergänzte: „Wir stehen in engem Austausch mit den Interessengruppen, um ihre Bedürfnisse und Probleme zu verstehen.“ Laut Lloyd sieht der ISSB die Notwendigkeit eines „einzigen Ortes“, an dem Unternehmen Daten für mehrere Berichtspflichten einspeisen können.
Biodiversität und soziale Nachhaltigkeit
Ein weiteres Thema war die Integration der Biodiversität in die Finanzberichterstattung. Sophia Arlt von der Goethe-Universität Frankfurt stellte dazu das Papier A Biodiversity Stress Test of the Financial System vor und zeigte, dass europäische Banken selbst unter extremen Biodiversitäts-Übergangsszenarien weitgehend widerstandsfähig sind: Die zusätzlichen Verluste des Unternehmenskreditportfolios des Finanzsystems würden 0,27 bis 0,4 % ausmachen. Theresa Kuchler (New York University Stern School of Business) stellte mit ihrem Papier The Economics of Biodiversity Loss ein Makro-Modell vor, welches darauf hindeutet, dass naturbezogene Regulierungsrisiken bald ebenso sichtbar Einfluss auf die Aktienbewertungen nehmen könnten wie die Bepreisung von CO2-Emissionen.
Erika Bognár kam in ihrem Beitrag zu ihrer gemeinsamen Arbeit mit Anna Rohlfing-Bastian (Goethe-Universität Frankfurt) Social Sustainability Standards Revisited, zum Ergebnis, dass europäischen Nachhaltigkeitsstandards zwar die soziale Performance verbessern, aber weiterhin finanziell wesentliche Kennzahlen wie Weiterbildungskosten, Zufriedenheit der Mitarbeitenden und Fluktuation ausklammern. Maximilian Muhn (Goethe-Universität Frankfurt) präsentierte das Papier Decoding a Social Disclosure Decision und zeigte, dass Unternehmen Diversitätsdaten vor allem dann veröffentlichen, wenn Investor:innen Druck ausüben, wenn andere Unternehmen vorausgehen und wenn das Risiko von Rechtsstreitigkeiten gering ist.
Ein Fokus auf Schwellenländer
Keynote-Speaker Patrick Bolton (Centre for Economic Policy Research und Bruegel) sprach sich dafür aus, Kapital in Schwellenländer zu lenken. Wie im Paris Report 3, forderte er, zuerst den Energiesektor zu dekarbonisieren. Globale Maßnahmen über die Grenzen Europas hinaus seien dafür unerlässlich.
Die wissenschaftlichen Studien verdeutlichten den Bedarf an Standards, die Umwelt- und Sozialleistungen abbilden, sowie an Forschung zu den Zusammenhängen zwischen Finanzstabilität und naturbezogenen Risiken.
ISSB und DRSC bekräftigten, den Dialog mit berichtspflichtigen Unternehmen fortzusetzen. Ziel bleibt ein flexibler, zugleich robuster Rahmen, der Greenwashing verhindert und Investor:innen verlässliche Informationen liefert.
Fotos der Veranstaltung sind hier zu finden.
Quelle: SAFE